Brave new EU: Griechenland wird Wirtschaftsprotektorat

Beiträge 41 - 50 von 171
  • Re: Wechselkurse Euro/S Fr.

    Wolli, 10.04.2010 13:46, Antwort auf #40
    #41
    > Ich dachte nie an eine galoppierende inflation, aber an inflationsraten in
    > einer größenordnung von etwa 5-6 prozent; für mich nach aller
    > volkswirtschaftlichen logik unvermeidlich.

    Dann habe ich Dich mißverstanden. Ich verstehe unter "sehr hohen" Inflationsraten zumindest zweistellige Werte.


    > Was den euroraum betrifft, ist mittel- oder zumindest langfristig ein
    > auseinanderbrechen in meinen augen sehr wahrscheinlich, falls die
    > mitgliedsländer weiter ihre nationalen wirtschaftspolitischen süppchen
    > kochen dürfen. Das instrumentarium zur erhaltung der stabilität der
    > währung erweist sich als unbrauchbar. Entwickelt man kein wirklich
    > brauchbares und vor allem glaubwürdiges, ist der euro nicht zu retten.

    Eine gemeinsame Wirtschaftspolitik ist mE nicht notwendig, allerdings eine strikte Einhaltung der Regeln in der Fiskalpolitik. Die aktuell gültigen Sanktionsmechanismen sind untauglich, da stimme ich zu.
    Mir schwebt als Lösung ein Automatismus vor.

    Beispielsweise:
    Ab 2,5% Defizit entsendet die EU eine Art Staatssekretär ins Finanzministerium
    Ab 3,5% werden automatisch die Beamtengehälter eingefroren und ein Aufnahmestop verhängt
    Ab 4,0% werden die Pensionen eingefroren und die Transferleistungen um 10% gekürzt
    Ab 4,5% wird die MWSt um einen Prozentpunkt erhöht
    Und so weiter.

    Der Sinn wäre: Die Regierung kann nichts teures mehr versprechen, ohne daß sofort klar wäre, wer dafür bezahlen muß.
  • Euro & Greece und ein kleiner Ausflug

    ronnieos, 10.04.2010 13:56, Antwort auf #40
    #42
    Gute Duskission von Wolli und Rom.

    Genau daas bleibt [erstmal] die Frage:
    Einerseits die hohe Staatsverschuldung (pro Inflation)
    Anderseits ein dürftige Binnenkonjunktur ohne preistreibende Nachfrage (Deflationáre Tendenz).
    Für beides gibt es Beispiele (Wolli sagte schon Japan, in den 70-er Jahren Inflation bei mauer Konjunktur)

    Verlieren wird in beiden Szenarien "der Mittelstand"/"der kleine Mann". Viele haben das noch nicht verinnerlicht. Das sind "fast alle" ...
    Die Mittelschicht, die nicht begütert ist, sich sozial abgesichert wähnt - und am Ende der Krise auf der Hartz-IV Seite stehen kann.
    Diese Mittelschicht wird den Schuldenabbau stemmen müssen (also den Verdienst der Profiteure der Finanzkrise bezahlen - der Staat hat deren Vermögen auf Kosten der Mittelschicht gerettet), wird zum grossen Teil (und mit Westerwelle umso mehr) die soziale Versorgung der "Armen" übernehmen, und am Ende dafür mit einer immer geringeren Rente entschädigt werden.
    Die Ironie daran ist, dass die Mehrheit der Mittelschicht, das gar nicht realisiert hat (die záhlt sich fálschlicherwiese zu den Reichen) und dann FDP wáhlt ...

    Zurück zum Euro:
    -Man hat fälschlicherweise (teilweise sogar vorsätzich), den Eindruck erweckt, die Staaten der Eurozone (oder der EU insgesamt) würden sich ähnlich (und vor allem hin zu mehr Wohlstand) entwickeln das ist falsch.
    [die Entscheidung zurück zu nehmen und den Euro wieder abzuschaffen, wáre aber der Schritt in die FALSCHE Richtung..]
    -Griechenland hat die durch den Euro gewonnen Freiheit nicht zur Entschuldung und zur gesellschaftlichen Vorsorge genutzt, sondern im Konsum verbraten - die Wurzel allen langfristigen übels: Keine oder die falschen Investitionen.
    -Für den Euro und für Greece bin ich nicht so pessimistsch. Die "Heuschrecken" spekulieren massiv (und kurzfristig) gegen den Euro und griechische Staatsanliehen. Warte wir mal Mitte Juni/Juli ab. Dann ist der Spuk vorbei.
    - Diese unságlichen "Ratingagenturen", die selbt, und das macht sie so gefährlich Kunden Anlagen vermitteln, haben Griechenland auf BBB- gesetzt ... und spielen mit gezinkten Karten den Spekulanten in die Hände ...

    Also, wenn ich Heuschrecke wäre; ich würde PRO Griechenland und griechische Staatsanleihen wetten (der tut ürigens auch die Deutsche Bank oder angeblich auch Goldmann Sachs ...)

  • Einhaltung der Regeln

    ronnieos, 10.04.2010 14:17, Antwort auf #41
    #43
    > strikte Einhaltung der Regeln in der Fiskalpolitik.
    D" accord.
    (Frage: Wo sind eigentlich die angekündigten Reformen des Finanzmarktes ... und nicht nur in der EU)

    > Mir schwebt als Lösung ein Automatismus vor.
    >> Ab 3,5% werden automatisch die Beamtengehälter eingefroren und ein
    > Aufnahmestop verhängt
    > Ab 4,0% werden die Pensionen eingefroren und die Transferleistungen um 10% > gekürzt
    > Ab 4,5% wird die MWSt um einen Prozentpunkt erhöht
    > Und so weiter.
    >
    > Der Sinn wäre: Die Regierung kann nichts teures mehr versprechen, ohne daß sofort klar wäre, wer dafür bezahlen muß.

    - Keine Frage, die Idee ist richtig - und vor allem die Massnahmen.
    - Keine Frage, Regeln sind einzuhalten.
    Automatismen sind aber auch extrem gefährlich, da sie in Krisen verstärkend wirken - wenn nicht sogar (mit)auslösend sein können.
    - Man braucht dazu eine gewissen Finanzkultur (und Disziplin): Nur mal so nebenbei, er nützt finanzpolitisch wenig, wenn ich die Pensionen (und reneten) einfriere und gleichzeitig Angestellte vorzeitig in Ruhe schicke....




  • Re: Euro & Greece und ein kleiner Ausflug

    Wolli, 10.04.2010 14:19, Antwort auf #42
    #44
    > -Für den Euro und für Greece bin ich nicht so pessimistsch. Die
    > "Heuschrecken" spekulieren massiv (und kurzfristig) gegen den Euro und
    > griechische Staatsanliehen. Warte wir mal Mitte Juni/Juli ab. Dann ist der
    > Spuk vorbei.

    Das heißt es immer. Aber stimmt das auch? Ich glaube im Gegenteil, daß die "Heuschrecken" die letzten Käufer von griechischen Anleihen sind. Weil welcher konservative Anleger kauft solch hochspekulative Papiere mit ungeklärter Rückzahlung, auch wenn sie am Papier 6% und mehr bringen?


    > Also, wenn ich Heuschrecke wäre; ich würde PRO Griechenland und
    > griechische Staatsanleihen wetten (der tut ürigens auch die Deutsche Bank
    > oder angeblich auch Goldmann Sachs ...)

    Man macht es denen aber unnötig schwer: Griechenland hat Hedgefonds von der Auktion für Staatsanleihen ausgeschlossen. Davor haben die ca. 30% der Käufe ausgemacht. Kein Wunder, daß die Zinsen danach weiter gestiegen sind ...
  • Re: Euro & Greece und ein kleiner Ausflug

    quaoar, 10.04.2010 15:30, Antwort auf #44
    #45
    > Ich glaube im Gegenteil, daß die
    > "Heuschrecken" die letzten Käufer von griechischen Anleihen sind. Weil
    > welcher konservative Anleger kauft solch hochspekulative Papiere mit
    > ungeklärter Rückzahlung, auch wenn sie am Papier 6% und mehr bringen?


    Spekulation würde in diesem Fall bedeuten: Sie _ver_kaufen die Staatspapiere auf Vorrat, in der Hoffnung sie später billiger nachkaufen zu können. Wahrscheinlich findet das zu einem gewissen Grad statt.

    Allerdings würd' ich generell Spekulation selten als Grund für Probleme ansehen. Man verwechselt da Ursache und Wirkung. Am konkreten Fall: Die realen Zahlungsprobleme GRs führen zusätzlich noch zu Spekulation. Hätte GR Geld wie Heu, gäb's auch keine Spekulation auf den Bankrott.

    Beleg: Kein Mensch spekuliert gegen den SFR. Weil jedem klar ist, dass die Schweiz so bald nicht bankrott gehen wird. Kausal gesehen, gibt's _erst_ die Probleme, _dann_ die Spekulation.


    Ich denke, das Gerede über die "bösen" Spekulanten und die "bösen" Rating-Agenturen, dient dazu, die wahren Gründe zu vernebeln und zu verschleiern. Spekulanten sind "böse", das ist keine Frage, aber sie brauchen zum "Böse-Sein" ein Umfeld, das ihnen die Möglichkeit zum Böse-Sein bietet.


    Dieses ist, und das wird leider übersehen: Die Konstruktion des Euro und der EZB ist im Kern eine Fehlkonstruktion.

    Wenn Volkswirtschaften mit derartig unterschiedlichen Produktivitätsniveaus eine gemeinesame Währung haben, führt das unvermeidbar zu starken und sofort erkennbaren Einkommensunterschieden.

    Damit sind die Leute aber unzufrieden. Und da das alles Demokratien sind, wählen die Leute zB in GR jene Parteien, die ihnen Gehälter auf zB D-Niveau versprechen.

    Das ist auch kein Problem, solange man die Währung abwerten kann. Mit der laufenden Abwertung wird die Überzahlung laufend korrigiert.

    Mit der gemeinsamen Währung gibt's aber keine Abwertung mehr. Damit werden die Länder mit dem schwächerem Produktivitätsniveau zwangsläufig steigende Defizite produzieren. - Und gerade dadurch die Unterschiede in der Produktivität _nie_ ausgleichen können.

    Das Ergebnis sieht man halt GR.

  • Realitäts-Check: Griechenland wächst stärker als Eurolans und Austria

    ronnieos, 10.04.2010 16:15, Antwort auf #45
    #46
    > Wenn Volkswirtschaften mit derartig unterschiedlichen Produktivitätsniveaus eine gemeinesame Währung haben, führt das unvermeidbar zu starken und sofort erkennbaren Einkommensunterschieden.
    >>
    > Das Ergebnis sieht man halt GR.
    >

    Realitäts-Check:
    Wachstum BIP
    2000-2005: EU-Zone 1.5, österreich 1.6, Griechenland 4.1
    2005-2009: EU-Zone 0.6, österreich 1.2, Griechenland 1.9 (in der Krise)
    Quelle: Wirtschaftskammer Österreich

  • Re: Realitäts-Check: Griechenland wächst stärker als Eurolans und Austria

    quaoar, 10.04.2010 20:03, Antwort auf #46
    #47

    > Realitäts-Check:
    > Wachstum BIP
    > 2000-2005: EU-Zone 1.5, österreich 1.6, Griechenland 4.1
    > 2005-2009: EU-Zone 0.6, österreich 1.2, Griechenland 1.9 (in der Krise)
    > Quelle: Wirtschaftskammer Österreich


    Schöne Recherche, aber was sagt das jetzt zum Thema? Was bedeutet "Realitäts-Check" hier?

  • Re: Ja, Griechenland ist tatsächlich am Ende

    gerifro, 11.04.2010 01:38, Antwort auf #28
    #48
    > > realitätscheck:
    > > am beginn war 1 € weniger wetrt als 1 $
    > > jetzt ist derselbe euro über 1,3$ wert
    >
    > Naja, aber wie hat sich de SFR seither entwickelt? Und wie das Schweizer
    > Median-Einkommen? Und wie dessen Kaufkraft? - Ebent.
    >


    Sorry, quaoar, aber:


    Wenn man/frau bei Einführung des Euros +/-CHF 1,60/Euro bekommen hat
    und heute bekommt man/frau dafür +/- CHF 1,45, was ist dann teurer geworden, Euro, oder CHF ?
  • Re: Realitäts-Check: Griechenland wächst stärker als Eurolans und Austria

    drui (MdPB), 11.04.2010 11:43, Antwort auf #46
    #49
    > Realitäts-Check:
    > Wachstum BIP
    > 2000-2005: EU-Zone 1.5, österreich 1.6, Griechenland 4.1
    > 2005-2009: EU-Zone 0.6, österreich 1.2, Griechenland 1.9 (in der Krise)
    > Quelle: Wirtschaftskammer Österreich
    >

    Ich wäre allerdings bei griechischen Statistiken etwas vorsichtig, die sind ja bisweilen etwas geschönt...

    Sicher war der Eurobeitritt Griechenlands viel zu früh und für den Fehler der (ganzen oder teilweisen) Aufgabe einer Währung haben auch schon Ecuador und Argentinien bitter bezahlt. Für den Euro sehe ich da aber wenig Probleme. Ich frag mich manchmal, ob EZB, Rat und Kommission deswegen so langsam und zurückhaltend reagieren, um Druck auf Griechenland auszuüben, weil sie von Natur aus die Reaktionsschnlligkeeit einer Landchildkröte haben oder um mit der Abwertung gegenüber dem Dollar ein ungemein günstiges Exportförderungsprogramm zu fördern. Schon jetzt dürfte Deutschland davon mehr profitieren, als wenn ein 2o Mia. Konjunkturprogramm gechnürt worden wäre. Angst hätte ich eher, wenn sich die Spekulanten mal auf den Dollar oder den Yen konzentrierten. Länder wwie die Schweiz oder Norwegen sind sicher stabiler, werden sich auf Dauer aber nicht durch harte Währung sämtliche Produktion kaputt machen lassen. Daher führt meiner Meinung nach an höherer Infation (5-10%) und steigendem Goldpreis wohl kein Weg vorbei. Vorher könnte man sehen, dass die Kapitalverkehrsfreiheit außerhalb des EU-Raumes und va. in den USA massiv eingeschränkt wird.

  • Griechenland - es ist auch eine Frage der Mentalität ("culture")

    ronnieos, 11.04.2010 14:10, Antwort auf #49
    #50
    > Ich wäre allerdings bei griechischen Statistiken etwas vorsichtig, die sind ja bisweilen etwas geschönt...
    >

    D"accord. Trotzdem. Griechenland (der gesamte Balkan und das Baltikum) haben im vergangenen Jahrzehnt das BIP der EU beflügelt.
    > Sicher war der Eurobeitritt Griechenlands viel zu früh
    Stimmt. Wussten auch die deutschen Banker und die Zentralbanken, aber man hat es mit "politischen" Argumenten überpinselt.

    >Ich frag mich manchmal, ob EZB, Rat und Kommission deswegen so
    > langsam und zurückhaltend reagieren, um Druck auf Griechenland auszuüben,

    Das könnte gut sein.

    Zur "ökonomischen Kultur" in Griechenland.
    Meine Erfahrung [aus eigenen Projekten] ist, dass
    - in Griechenland Mittel nicht immer genau dafür eingesetzt werden, wofür sie gedacht waren.
    - man (da schlagen eben die Gene des Altertums durch) gerne und lange über Grundätzliches diskutiert und philosophiert,
    - man aber, wenn die Not gross wird, schnell und inovativ Lösungen finden kann.
    [siehe oben bei drui: man muss etwas Druck aufbauen]
    (PS: Nur am Rande. Sie überschätzen auch oft ihre "capacity"
    (PPS: Das sollte nicht so negativ klingen. )
    Daher:
    - die Griechen werden die Krise überstehen (auch mit Hilfestellungen aus der EU)
    - es käme überraschend, wenn sie ihre Kultur grundlegend ándern würden und es wäre nicht überraschend, wenn sie in eine neue Krise schlittern würden
    [es braucht schon mindestens eine Generation, um eine Mentalität zu ändern]
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