Steigt noch wer durch? Durch die grünen Irrungen und Wirrungen der letzten 10 Tage?
Ich habe für unseren Medienblog die Ereignisse zusammengefasst niedergeschrieben.
Aber auch hierbei gilt: Was als kurze Reportage angedacht war, hat sich ob vieler Nachträge und Updates längst zu einer Never-ending-Story entwickelt...
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Das Einfügen des Artiekls klappt nicht....
Das wird also erst nach Pfingsten was.
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Nachdem ich die Links entfernt hatte, ging es plötzlich
Sollten jetzt einzelne Passagen unverständlich sein, bitte melden
Die Vorwürfe, die DER STANDARD Anfang dieser Woche (am 07.05.2024) gegen die Grünenpolitikerin Lena Schilling erhoben hat, wiegen schwer: Mehrere Grüne, Klimaaktivisten und Freunde berichteten der Zeitung von „problematischem Verhalten“ der grünen EU-Spitzenkandidatin, die in einem besonders gravierenden Fall sogar eine Unterlassungserklärung abgeben musste. Die Recherche zog sich über Wochen hin und war laut Redaktion „ergebnisoffen“: Denn beide Varianten wären politisch relevant: sowohl eine orchestrierte Verleumdung von Schilling durch ihr früheres enges Umfeld als auch eine Spitzenkandidatin, die problematische Verhaltensmuster an den Tag legt.
Das Fazit, das die Wiener Redakteure am Ende ziehen, ist auch für die Grünen niederschmetternd: Nach wochenlangen Recherchen und Gesprächen mit rund fünfzig Personen lässt sich feststellen, dass Schilling viele Menschen verärgert oder verletzt und einige sogar in existenzbedrohende Schwierigkeiten gebracht hat. … Personen, die einander nicht kennen und auf die Schilling in unterschiedlichen Kontexten getroffen ist, erzählen fast einhellig von ähnlichen Vorgängen: Schilling habe ein problematisches Verhältnis zur Wahrheit, spiele Personen gegeneinander aus und hinterlasse verbrannte Erde.
DER STANDARD-Bericht in Gänze. https://www.derstandard.at/story/3000000219202/lena-schillings-eu-kandidatur-ger aet-in-turbulenzen?ref=article
Schilling selbst weist die Vorwürfe zurück, sie werde sich „davon nicht aus dem Konzept bringen lassen.“
Man könne sie für ihre Politik kritisieren, nur habe sie „in der Berichterstattung darüber nichts gelesen, sondern nur, was andere über mich gesagt haben.“ All dies hätte nichts mit ihrer Politik zu tun: „Ich habe versprochen, dass ich offen und ehrlich bleiben werde, auch wenn ich kandidiere. .. Ich trete fürs Klima an und gegen Rechte Hetze. Ich trete für ein starkes solidarisches und vielfältiges Europa an und dafür werde ich in den kommenden 32 Tagen rennen, rennen und rennen.“
Die gut vernetzte Jungpolitikerin ist in Österreich keine Unbekannte. Lena Schilling ist (bzw. war) das Gesicht und somit die prominente Vertreterin der dortigen Klimabewegung, vergleichbar mit der deutschen FFF-Aktivistin Luisa Neubauer. Sie gilt als politisches Ausnahmetalent. Ihre Partei Die Grünen bekennt sich demonstrativ zu der Spitzenkandidatin. Die grüne Klubobfrau im Nationalrat, Sigi Maurer: „Wir stehen geschlossen hinter Lena.“
In einer spontan einberufenen Pressekonferenz beklagt Österreichs Vizekanzler Werner Kogler, dass „die Schmutzkübel über einer jungen Frau, die den Schritt in die Politik gewagt hat, ausgeleert werden“ und wertet die Vorwürfe als „anonymes Gemurkse oder Gefurze“ ab. Mittlerweile haben jedoch zwei Betroffene die Aussagen im STANDARD-Bericht öffentlich bestätigt – weitere dürften folgen.
https://www.youtube.com/watch?v=KHbhgjz2guY
Umweltministerin Leonore Gewessler wird in derselben Konferenz sehr persönlich und schließt die grünen Reihen:: „Lena, du bist eine großartige junge Frau und du bist genau die richtige Spitzenkandidatin.“
Dennoch beherrscht die Affäre seit Tagen die Schlagzeilen der österreichischen Presse, zumal DER STANDARD nachgelegt hat und ein betroffener Journalist, dem Schilling Belästigung vorgeworfen haben soll, eine Klage prüft.
Der Politikberater und Meinungsforscher Peter Hajek – er gehört neben Peter Filzmaier zur Creme der österreichischen Politikwissenschaftler – bringt die Situation auf einen Punkt „Es geht ja in diesem Fall nicht darum, ob sie irgendeinen Schokoriegel hat mitgehen lassen. Sexuelle Belästigung ist für die Grünen ein relevantes Themenfeld, egal ob vermeintliches Opfer oder vermeintlicher Täter.“ (Der 2. STANDARD-Artikel in Gänze: https://www.derstandard.at/story/3000000219437/worum-es-bei-den-vorwuerfen-rund- um-lena-schilling-geht)
Zunehmend wird Kritik am Umgang der Grünen mit der Affäre laut, insbesondere am Verhalten von Grünen-Chef und Vize-Kanzler Kogler. DIE PRESSE fragt erstaunt: „Wie aber konnten routinierte Politiker wie Vizekanzler Werner Kogler und Klubobfrau Sigi Maurer bei einer Pressekonferenz zum „Schutz“ Schillings die Sache nur noch verschlimmern? Ein derart unprofessionelles Krisenmanagement hätte man Kogler gar nicht zugetraut“. In der „Krone“ spricht die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle von einem „absoluten Fehlgriff“; das Krisenmanagement der Partei sei missglückt: „Die Grünen sollten die Sache ernster nehmen. Es braucht mehr Erklärung, um Glaubwürdigkeit zu demonstrieren. Diese Erklärungen fehlten.“ bislang. Auch sei die Verteidigungsstrategie von Schilling, dass sie als „Politikerin ehrlich sei, aber was sie privat mache, gehe niemanden etwas an“, äußerst fragwürdig. „Die Persönlichkeit steht bei Politikern immer im Vordergrund“, so die Politikwissenschaftlerin.
DER STANDARD bewertet die Reaktion der grünen Parteisitze als „ziemlich unprofessionell“ und ordnet sie unter „grünes Gemurkse“ ein. „Verantwortliche Führung“ sehe anders aus als eine „skurrile Pressekonferenz, mit der man das eigene Versagen auszubügeln versucht … Allein dieses Geschimpfe zeugt vom schlechten Gewissen der Parteiführung, von dem Druck, unter dem sie innerparteilich steht, und von der Verzweiflung ob einer entschwindenden Hoffnung. Führungsqualitäten beweisen sich gerade in schwierigen Situationen“, an der Stelle hätten die Grünen aber nicht nur versagt, sondern ihrer Kandidatin zusätzlich einen Bärendienst erwiesen: Denn im Gegensatz zu dem beabsichtigten Eindruck, alles schare sich in der Gefahr um Lena Schilling, wurde sie ohne einen vernünftigen, der Situation angepassten Text alleingelassen. … Die Betreuung der Spitzenkandidatin muss besser werden. Sonst – mulmig.
Zu guter Letzt geht die Bundesstiftung COMÚN, in deren Beirat die junge Grüne bis vor kurzem saß, ebenfalls auf Distanz zu ihrer ehemaligen Aktivistin, wie mehrere aktuelle Posts auf X belegen: https://twitter.com/comun_oe
Am Rande greift die Berichterstattung zur Causa Lena Schilling aber auch medienethische Fragen auf.
Das sonst nicht besonders zimperliche und feinfühlige Boulevardblatt Kronen Zeitung thematisiert das Problem und fragt: Wo ist bei einem Politiker die Trennlinie zwischen Privatleben und öffentlichem Interesse?
Der Politikexperte Thomas Hofer antwortet in der „Krone“: „Wir haben es zwar mit einem Graubereich zu tun. Aber die Privatsphäre endet, wo die Verhaltensweise des Politikers Auswirkungen auf sein politisches Wirken hat.„
Hofer konstatiert „ein Missverhältnis und Geschlechterspezifika zwischen Männern und Frauen, was die Gewichtung von Vorwürfen betrifft. Selbst Anklagen oder Ermittlungen führen nicht immer zu Rücktritten. Hier gibt es absolut einen Nachholbedarf.“ und sieht in den Vorwürfen gegen Schilling „eine heikle Story, weil ein Teil der Vorwürfe anonym sind. Das wird sicher, auch wenn vom Medium dokumentiert, in der Öffentlichkeit als Problem gesehen. Und Lena Schilling darf zu gewissen Vorwürfen wegen der unterzeichneten Unterlassungsvereinbarung nichts sagen. Auch das macht die Sache für Schilling nicht leichter“.
Der Politikexperte blickt zusammenfassend unerfreut in die Zukunft: „Der allgemeine Schaden am Gesamtsystem vergrößert sich mit diesem Kapitel. Die Grünen argumentieren fast wie eine Partei rechts der Mitte: Sie schließen die Reihen und argumentieren mit sehr harschen Tönen, um eine Schadensbegrenzung herbeizuführen. Wenn die Story nicht jeden Tag neues Futter bekommt, kann man sie möglicherweise eindämmen. Es könnte auch in Teilen ein Solidarisierungseffekt einsetzen. Das kennt man ja von der FPÖ“. (Das Interview in Gänze: https://www.krone.at/3369737)
Auch die überregionale Tageszeitung DIE PRESSE greift diese Problematik auf und fragt: Seit der Veröffentlichung der Artikel geht, salopp gesagt, die Post ab. Das liegt auch daran, dass anhand der „Causa Schilling“ vieles auf einmal verhandelt wird. Das beginnt bei der Brisanz der Themen, die Gegenstand der von ihr mutmaßlich verbreiteten Behauptungen gewesen sein sollen: häusliche Gewalt und Belästigung von Frauen werden mittlerweile politisch und rechtlich nicht mehr einfach zur Seite gewischt, sondern wiegen schwer. Es geht in der Geschichte aber auch um eine Meta-Ebene und um ganz grundlegende Fragen, wie: Was ist politisch relevant, was ist privat? Was ist Hörensagen, was belegbar? Und: Wie geht man als Öffentlichkeit mit diesen Ambivalenzen um?
DIE PRESSE sieht Lena Schilling daher ebenso in einer Opferrolle, „ein politisches Talent, eine junge Frau, die durch die polit-mediale Manege geschleift wird. Vor dem Hintergrund einer offensichtlich schon länger gärenden Auseinandersetzung im linken Aktivistenmilieu“. und bescheinigt trotz eines öffentlich zur Schau getragenem antiautoritären Habitus der „Führung der Grünen stets auch einen gewissen autoritären Zug … Tenor: Wir von der Parteispitze wissen, was gut für euch ist – also haltet euch gefälligst daran. Message control ist keine genuine Erfindung der Kurz-ÖVP“. Weiters sieht die bürgerlich-liberale Zeitung in den grünen Smpathiebekundungen für Schilling „ein demonstratives Zeichen des Vertrauens, aber auch ein Risiko. … Das Image der Transparenz-Partei hat Schrammen bekommen, die hohen moralischen Standards sind zur Bürde geworden. Und Bruchlinien in der Partei wurden wieder einmal offenbar. … Ein kluger Mensch hat dieser Tage gesagt: Angriffe von außen nützen einer Partei, Angriffe von innen hingegen sind ein Problem. … Die Frage ist nur, ob der Angriff nun von außen oder von innen kam. Möglicherweise beides. Und möglicherweise hätte man sich mit der eigenen Spitzenkandidatin im Vorfeld auch eingehender befassen sollen.“
Kurzum: Die Affäre um Lena Schilling droht sich zu verselbständigen und erheblichen weiteren Schaden anzurichten…
Die Debatte über die „Meta-Ebene“ dieser für alle Beteiligten unangenehmen Angelegenheit beginnt allerdings erst. Wird sie ernsthaft und konsequent geführt – Zweifel sind diesbezüglich jedoch angebracht -, könnte sich der gesellschaftliche und demokratiepolitische Schaden vielleicht noch in erträglichen Grenzen halten.
Lena Schilling trat bereits vor zwei Monaten mit fundierten Kenntnissen über die EU nachhaltig in Erscheinung – in einem Gespräch mit Peter Klien und der ORF-Sendung „Gute Nacht Österreich“ direkt im Anschluss an ihre Wahl zur grünen Spitzenkandidatin für die Europawahl am 09. Juni 2024.
Sogar als Piefke nur noch zum Fremdschämen. Schilling mangelt es offenkundig am grundlegenden Wissen über die Europäische Union, in deren Parlament sie in Kürze einziehen will. Zu einem solchen Grundwissen gehört sicherlich, dass man jederzeit benennen kann, welche Staaten (nicht) Mitglied der EU sind.
https://www.youtube.com/watch?v=KHbhgjz2guY
Der gesamte Beitrag aus „Gute Nacht Österreich“ vom 01.03.2024 kann hier eingesehen werden: https://tvthek.orf.at/profile/Gute-Nacht-Oesterreich/13890803/Gute-Nacht-Oesterr eich-Lena-Schilling-im-Interview-mit-Peter-Klien-beim-Bundeskongress-der-Gruenen /14216527
Veröffentlicht am: 10.05.2024
Nachtrag 11. Mai 2024
Wie eingangs im Artikel bereits angedeutet und leider auch erwartet: Ein Ende ist vorerst wohl nicht absehbar…
DER STANDARD hat gestern die Vorwürfe gegen Schilling konkretisiert, zumal ein weiterer Betroffener, der ehemalige grüne Nationalrat Clemens Stammler, sich zu Wort gemeldet hat. https://www.derstandard.at/story/3000000219559/gruener-ex-abgeordneter-nach-bela estigungsvorwurf-durch-schilling-habe-lange-genug-geschwiegen?ref=article
Zusätzlich erklärt Standard-Chefredakteur Gerold Riedmann die Motivation seiner Zeitung in der Causa Schilling: Was hat ausgerechnet DER STANDARD gegen die Grünen? Die Antwort ist simpel: nichts. Die Redaktion hält zu allen Parteien im demokratischen Spektrum Äquidistanz. Wir halten uns an die Augstein-Doktrin, wie das im Journalismus heißt. Der Gründer des deutschen Nachrichtenmagazins Der Spiegel, Rudolf Augstein, hat die Aufgabe von Journalisten mit dem großen Satz „Sagen, was ist“ beschrieben. Nicht sagen, was wir gern hätten. Nicht sagen, wie es andere gern lesen würden. Sondern schlicht sagen, was ist. … Der STANDARD-Artikel zu Lena Schilling tut genau das: Er fasst, tatsächlich recht behutsam formuliert, aufwendige Recherchen zusammen. Dinge, die den höchstpersönlichen Lebensbereich betreffen, wurden aussortiert. Die Stimmen, die wir nicht benennen, sind nicht anonym. Jeder Name ist uns bekannt, die Aussagen sind abgesichert, gegengeprüft, juristisch abgewogen. … Die Grünen-Abgeordneten, die mit dem STANDARD sprechen, fürchten Repressalien der Parteispitze. Die Grünen sind längst nicht mehr die basisdemokratische Gruppe von früher – sie sind eine Regierungspartei, deren Kommunikation zentralistisch und professionalisiert von der Spitze gelenkt wird. Message-Control ist angesagt. https://www.derstandard.at/story/3000000219613/was-wollen-wir-in-der-causa-schil ling-sagen-was-ist?ref=article
Nachtrag 14. Mai 2024
DIE PRESSE fragt in einer ersten Analyse: Ist Schillings Rückzug eine Option für die Grünen? und schreibt parallel dazu in einem Kommentar („Lehre aus dem Fall Schilling: Rufmord ist kein Kavaliersdelikt“): „Egal ob Schilling Kandidatin bleibt oder nicht: In der öffentlichen Aufarbeitung des Falls wird klar werden müssen, dass Verleumdung nicht nur moralisch verwerflich ist. Sondern dass sie auch bestraft werden kann, wenn sie auffliegt. Vor allem um der Abschreckung willen. Denn gerade weil wir Vorwürfe der sexuellen Belästigung ernst nehmen wollen, müssen wir uns tunlichst darauf verlassen können, dass diese nicht erfunden sind. Dazu kann beitragen, dass sich herumspricht: Auch Rufmord ist kein Kavaliersdelikt„.
Wie die „Krone“ zudem am gestrigen Montag berichtet, allerdings ohne Details und Namen zu nennen, „wurde eine Anzeige wegen Verleumdung gegen Schilling bei der Staatsanwaltschaft eingebracht“. Laut dem öffentlich-rechtlichen Radtosender Ö1 hat auch das Ehepaar Bohrn Mena eine Klage eingereicht. Beiden saßen zusammen mit Schilling im Stiftungsbeirat von COMÚN.
Die grüne Kandidatin ist diesbezüglich in der österreichischen Klimabewegung offenbar keine Ausnahmeerscheinung. So informiert dieselbe Zeitung über weitere Anzeigen wegen Verleumdung – dieses Mal in den Reihen der Letzten Generation. Verleumdung und Rufmord als neues Protestmittel? Bislang war dies zumeist nur eine Agitationsmethode unter politischen Extremisten.
In der Causa Schilling bleibt die Lage also weiterhin angespannt, die österreichischen Medien halten die grüne Affäre am Köcheln, was sich auch auf X/Twitter bemerkbar macht: Unter den Hashtag „#SchillingGate“ verbreiten sich auf dem Kurznachrichtendienst Neuigkeiten und Meinungen, allerdings nicht immer sachlich und objektiv.
Auch das ehemalige Aushängeschild der österreichischen Grünen, Peter Pilz, analysiert die Affäre Schilling. „Bis heute haben Werner Kogler und Sigi Maurer auf begründete Fragen alle Antworten verweigert. „Schmutzkübelkampagne“ – das hört man sonst von Parteien wie ÖVP und FPÖ, wenn sie in der Sache selbst nichts mehr zu gewinnen glauben“ … Einige Kübel stammen wohl aus dem Grünen Klub selbst. Der entscheidende Vorwurf kommt vom Ehepaar Bohrn-Mena. Sie werden anwaltlich durch Peter Zöchbauer vertreten. Er gilt als einer der härtesten Medienanwälte, der vom ÖVP-nahen Kripo-Chef Andreas Holzer bis zu Novomatic gezeigt hat, was er kann..“ Auf seinem ZackZack-Blog geht Pilz mit den Grünen hart zu Gericht: Die Grünen sind führungslos. Als Werner Kogler zur Schilling-Verteidigung ansetzte, war den Anwesenden schnell klar, dass er keinen Plan hatte. Er schimpfte, weil er nicht wusste, was er sagen sollte. … 2019 hat Werner Kogler die Grünen aus einem selbstgegrabenen Loch auf den höchsten Gipfel ihrer Parteigeschichte geführt. Jetzt wird der Blick auf das nächste Loch frei. Der Wind pfeift um die Ohren, der „Furz“ hat sich zum Wirbelfurz gesteigert.
Mittlerweile hat sich sogar der aus den Reihen der Grünen stammende österreichische Bundespräsident Aleander van der Bellen zu Wort gemeldet. In einem Gespräch mit dem Radiosender Ö1 fragte das Staatsoberhaupt an, wer denn als junger Mensch keine Fehler gemacht habe. Das Recht auf einen Fehler habe daher auch Lena Schilling, „wenn sie denn überhaupt einen gemacht hat“. Er jedenfalls habe sicher welche gemacht. Van der Bellen verwahrte sich dagegen, das Privatleben von Kandidaten in die Wahlkämpfe hineinzuziehen: „Politik ist das eine und Privatleben ist das andere.“ Man solle jetzt nicht übertreiben, denn: „Der Ton ist zu schrill“.
Nachtrag 15. Mai 2024
Ein kleiner Vorgeschmack auf das EU-Wahlergebnis 2024 in Österreich?
Der österreichische Prognoseanbieter PREDIKI Predictions hat heute die erste (vollständige) Umfrage nach Bekanntwerden der Causa Schilling veröffentlicht. Demnach müssen sich die österreichischen Grünen auf erhebliche Verluste bei der EU-Wahl am 09. Juni 2024 einstellen. Der Regierungspartei drohe „möglicherweise eine Halbierung ihres Stimmenanteils von 2019“: Die Öko-Partei befinde sich aktuell „im Sinkflug“ von 14 % auf mittlerweile 8 %, so die Prognostiker aus Wien. Allein das Minus im Vergleich zur letzten Woche betrage über 3 %. Es handele sich dabei allerdings um eine „Momentaufnahme“, wie nachhaltig diese am Wahltag ist, hänge auch von der weiteren Entwicklung in der aktuellen grünen Causa ab.
Ihre Erkenntnisse werden jedoch gestützt von einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts OGM, die in ihrer Befragung aus der vergangenen Woche ebenfalls ein klares Minus für die Grünen ermittelt haben, allerdings auf moderaterem Niveau. Dort sieht man die Partei derzeit noch zweistellig, was auch daran liegen könnte, dass OGM nur die aktuelle Wahlabsicht abgefragt hat (sog. „Sonntagsfrage“), während die Umfrage von Prediki direkt auf das reale Wahlergebnis im Juni 2024 abzielt. Die Teilnehmenden werden dabei um ihre persönliche Einschätzung zum prozentualen Ergebnis einer Partei gebeten.
Am Abend geht DER STANDARD in einem Artikel erneut auf die fehlerhafte Krisenkommunikation der Grünen ein: „Dass jene Pressekonferenz, die am Morgen nach Veröffentlichung der Vorwürfe gegen Lena Schilling abgehalten wurde, nicht den gewollten Effekt hatte, bestreitet selbst in der Partei niemand mehr. Fehler passieren, lautet das Motto der Wohlmeinenden. „Es ist halt so“, erklärte etwa die grüne Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer. Hinter den Kulissen sprechen manche hingegen von einem „Desaster“.
Im Bericht kommen zudem mehrere Experten zu Wort „Zu glauben, dass man mit dieser Kommunikationsstrategie durchkommt, ist völlig aberwitzig“, richtete wiederum die Kommunikationsberaterin Christina Aumayr via Ö1 den Grünen aus. Die renommierte Journalistin Anneliese Rohrer kritisierte den Umgang der Grünen mit der Affäre als „unterirdisch“. Die Wiener Zeitung hält im Weiteren fest, dass etwaige Prozesse gegen Schilling bis in den Herbst 2024 reichen würden, so auch die Klage, die das Ehepaar Bohrn Mena anstrebe: „Die erste Tagsatzung ist für 21. Juni anberaumt, also nach der EU-Wahl – aber im Vorwahlkampf zur Nationalratswahl.“
Die Affäre Lena Schilling könnte also nicht nur zum Leidwesen der Grünen gleich zwei wichtige, nämlich nationale Wahlen in Österreich tangieren. Dazu passt, dass der beliebte ORF-Moderator Peter Klien in seiner Berichterstattung über den Bundeskongress der Grünen Ende Februar 2024 – aus heutiger Sicht beinahe schon vorausschauend – gewitzelt hat: „Das war’s hier von der letzten Generation der Grünen, die es jemals in eine Regierung geschafft haben wird.“ Mit diesen markigen, im schlimmsten Falle gar prognostischen Worten beendete Klien seine grüne Reportage für – und ganz im Sinne von: „Gute Nacht Österreich“:
Nachtrag 17.05.2024
Die APA – Austria Presse Agentur – veröffentlicht, wie immer in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut OGM, den neuen „Vertrauensindex“.
Seit Jahren wird den Österreichern in regelmäßigen Abständen für diesen „Pisa-Test für die politische Klasse“. (Eigenwerbung OGM) ein- und dieselbe Frage gestellt: „Vertrauen Sie … oder vertrauen Sie … nicht oder kennen Sie … nicht?“ Ist das Vertrauen in einen Politiker höher als das Misstrauen in ihn, erhält er die Differenz als Pluspunkte, im umgekehrten Fall hagelt es entsprechende Minuspunkte, denn: Der Vertrauenssaldo errechnet sich als die Differenz der Prozentwerte von „Vertraue“ und „Vertraue nicht“. Wenn also beispielsweise 55% der Befragten einem Politiker vertrauen, 30% ihm nicht vertrauen und die restlichen 15% diesen Politiker nicht kennen, dann beträgt der Vertrauenssaldo dieses Politikers +25 Punkte (55-30).
Im aktuellen Fall enthält der Index einen „Totalabsturz in noch nie da gewesenem Ausmaß“. Um 33 Punkte geht es für eine Politikerin „rasselnd in den Keller“ auf nun insgesamt minus 50 Punkte. Selbst „FPÖ-Chef Herbert Kickl genießt mehr Vertrauen als Lena Schjilling“, hält der DER STANDARD – man darf annehmen: süffisant – fest. https://www.derstandard.at/story/3000000220501/apa-ogm-vertrauensindex-totalabst urz-f252r-lena-schilling Als alter Lateiner möchte man ausrufen: Quod erat expectandum!
Fast parallel zu dieser Publikation des Misstrauens in die Grünen – neben Schilling geht es für sämtliche Öko-Vertreter im Vertrauensindex bergab – stellt selbige Partei die zweite Plakatwelle für die EU-Wahl 2024 vor. Die Pressekonferenz gestaltet sich aber primär als Generalakt der Entschuldigungen, des Bedauern und der Dementis für alles Nötige, Mögliche und sogar Unmögliche. Von „durchgegangenen Pferden“ ist die Rede und von „falschen Worten“ und von einer „skurrilen Geschichte“. „Unsensibel“ und „im Ergebnis unintelligent“ sei man gewesen und habe „vielleicht ein bisschen zu viel gemauert“. DIE PRESSE war vor Ort und hat fleißig mitgeschrieben: https://www.diepresse.com/18474502/schilling-zu-vorwuerfen-ich-habe-ein-bisschen -zu-viel-gemauert
Und als wären die Irrungen und Wirrungen der letzten zehn Tage in Summe noch nicht arg genug, hat ein Urgestein der österreichischen Grünen, die ehemalige Parteichefin Madeleine Petrovic angekündigt, mit einer eigenen Liste bei der Nationalratswahl im Herbst 2024 antreten zu wollen. (ORF-Live-Stream zur Listengründung: https://on.orf.at/video/14226891/pressekonferenz-zur-neugruendung-der-liste-made leine-petrovic) Erinnerungen an 2017 werden plötzlich wieder wach: Während einer ähnlich gravierenden Krise verließ der angesehene NR-Abgeordnete Peter Pilz die grüne Partei. Krachend flogen die Grünen bei der folgenden Nationalratswahl aus dem Parlament, während Pilz‘ eigene Liste überraschend der Einzug glückte. Ja, Geschichte wiederholt sich mitunter, wenn man partout nicht aus ihr lernt…
„Grüne in der Krise – zwischen Gefurze und Anspruch“, kommentiert wiederum der DER STANDARD das aktuelle Geschehen nebst einem ausführlichen Bericht über die neue grüne Sujet-„Präsentation“, auf denen eine wichtige grüne Persönlichkeit plötzlich fehlt. die noch auf allen Plakaten der 1. Welle abgelichtet war: Lena Schilling.
Der Ex-Grüne Peter Pilz ahnte es bereits vor einigen Tagen: „Der „Furz“ hat sich zum Wirbelfurz gesteigert“. Wie bereits eingangs geschrieben: Was zu erwarten… Na, ehschowissn! Oder? – Somit gilt womöglich in Bälde wiederum für die gesamte Grüne Partei: „Eine Welt von Wohllaut ist versunken, und ein krähender Hahn bleibt auf dem Repertoire.“
Mit diesem Zitat von Karl Kraus schließe ich die Berichterstattung aus dem Wiener Polit-Tollhaus, rüttele zuvor noch einmal kräftig am grünen Watschenbaum und enteile danach aber geschwind ins lange Pfingstwochenende. In die Vorsommerfrische, an der imaginären „MA24″ vorbei - derweil einen zufällig meinem Weg kreuzenden Parteifunktionär ehrfurchtsvoll grüßend mit den wohlfeilen Worten: “Heast du Beidl, schleich di!” - zum „Taubenvergiften“ (mit Georg Kreisler) im Park, mit ner Großpackung Tschicks und ner Pulle Almdudler im Arm - oder so ähnlich:
Der Fall Schilling wird immer skuriller. Offenbar plante die Schilling (laut dem standard) die Grünen nach der Wahl sofort zu verlassen und sich der Linksfraktion anzuschließen. Das bestätigen mehrere Personen unabhängig voneinander, zudem offenbaren Chatverläufe, Schilling habe ihr Leben lang "niemanden so sehr gehasst" wie die Grünen.
Das ist nun langsam wirklich eine hervorrangende Vorlage für ein Theaterstück, man kann es sich nicht besser ausdenken. Die Grünen sind maximal blamiert.
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In einem Chat, der dem STANDARD vorliegt, schreibt Schilling Ende Jänner 2024: Am 24. Februar werde sie offiziell zur Spitzenkandidatin gekürt, "dann bin ich gewählt, und die Grünen können nichts mehr machen muhahha". Laut ihrer Gesprächspartnerin habe sie sich dabei auf die Pläne bezogen, der Linksfraktion beizutreten.
Hat Schilling also überlegt, den Wahlkampf als grüne Nummer eins zu absolvieren, um dann in eine andere Fraktion zu wechseln? Ja, bezeugt auch eine Klimaaktivistin, die mit Schilling im Austausch stand, unabhängig von der anderen Informantin. Nach der Wahl könnten ihr die Grünen "ohnehin nichts mehr anschaffen", soll Schilling ebenfalls ihr gegenüber betont haben.
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Die Grünen von Österreich werden bei der EU-Wahl 2024 massiv abstürzen. An der Wahlbörse notieren sie bereits einstellig, obwohl die letzten Umfragen die Grünen noch bei 13% sahen.
Im Internet wird fleißig Hohn und Spott über die österreichischen Grünen ausgeschüttet:
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danke dominique, da hast du mir etwas arbeit abgenommen :-)
doppelpost
<!-- /wp:paragraph -->die diversen Nachträge zu Teil 1 - 22. - 25.05.2025
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Nachtrag 22. Mai 2024
Am gestrigen Dienstag veröffentlichte DER STANDARD (zusammen mit dem Hamburger SPIEGEL) Mailprotokolle von Lena Schilling, Die Mails geben Auskunft über Schillings (frühere?) Einstellungen zur Partei Die Grünen und künden von Überlegungen ihrerseits, nach der EU-Wahl in die Linksfraktion (GUE/NGL) zu wechseln: Die grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling soll mit mehreren Personen aus ihrem Umfeld Überlegungen angestellt haben, nach der Wahl zum Europäischen Parlament die Grünen zu verlassen und sich stattdessen der Linksfraktion anzuschließen. Eine Informantin berichtete der Zeitung: "Diese Pläne wurden detailliert besprochen, unter anderem ging es um die Frage, wie viel Budget ihr dann für die Kampagnen bliebe, wenn sie die Grünen verlasse." Mehrere andere Personen bestätigen unabhängig voneinander diese Erzählung. Schilling selbst schrieb dazu laut STANDARD in einer Mail aus dem Januar 2024: Am 24. Februar werde sie offiziell zur Spitzenkandidatin gekürt, "dann bin ich gewählt, und die Grünen können nichts mehr machen muhahha". Laut ihrer Gesprächspartnerin habe sie sich dabei auf die Pläne bezogen, der Linksfraktion beizutreten.
Die Dokumente legen auch Zeugnis ab von Schillings damaliger Positionierung gegenüber den Grünen. Noch Ende November 2023 schrieb die jetzige EU-Kandidatin, sie habe ihr Leben lang "niemanden so sehr gehasst" wie die Grünen. Ein entsprechender Chat liegt dem Spiegel vor. Die Nachricht verfasste sie, als bereits Termine mit Sigrid Maurer, Werner Kogler und dem grünen Bundesvorstand für eine Spitzenkandidatur stattgefunden hatten. Der Spiegel titelt derweil "Die Spitzenkandidatin und ihr zwiespältiges Verhältnis zu den Grünen" und hält im Text fest: Die Affäre um die grüne Spitzenkandidatin Lena Schilling weitet sich aus. Neu aufgetauchte Chats und Zeugenaussagen scheinen nahezulegen: Sie kann entweder die Grünen nicht wirklich leiden – oder ist total überfordert. Womöglich ist ja auch eine Kombination aus beidem ursächlich.
Die Grünen haben sich heute auf einer weiteren Pressekonferenz erneut zu Schilling bekannt und sowohl die Medien als auch die politische Konkurrenz (SPÖ-KPÖ) angegriffen. Wiederum berichtet der Standard: Die Parteispitze hält nach wie vor eisern an ihrer Spitzenkandidatin fest. Das stellte Generalsekretärin Olga Voglauer am Mittwoch an Schillings Seite erneut klar. Voglauer nannte Schilling ein "politisches Ausnahmetalent", um das sich "unterschiedliche Parteien gerissen" hätten. Dass Schilling sich für die Grünen entschieden habe, würden ihr manche "schlimmstens übel" nehmen. ... Die Berichterstattung und Medienanfragen zu Schilling bezeichnet Voglauer als "hemmungslosen Versuch, eine junge, engagierte Frau fertigzumachen" und sie in den Ruin zu treiben. Und "es hört nicht auf", obwohl "die Grenzen überschritten" seien und niemand wisse, "wohin das führen" werde. Es werde in Medien über Gerüchte und Chats aus Schillings höchstpersönlichem Lebensbereich berichtet, "und meiner Meinung nach ist das falsch".
Die Gerüchte kämen stets von denselben paar Personen, "mitten im Kreise der SPÖ" und "mitten im Kreise der KPÖ", meinte die Generalsekretärin. Diese würden davon profitieren und hätten "ein persönliches Interesse" daran, dass Schilling nicht erfolgreich sei. Außerdem stellte Voglauer ohne Belege eine Verschwörungstheorie in den Raum, wonach der rote EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder in die Veröffentlichungen über Schilling involviert sein könnte. Voglauer sprach in diesem Zusammenhang gar von "Silberstein-Methoden" und spielte damit auf das Dirty Campaigning der SPÖ gegen die ÖVP im Nationalratswahlkampf 2017 an, an dem der israelische Politikberater Tal Silberstein maßgeblich beteiligt war. Nach heftiger Kritik hat die grüne Generalsekretärin diese Aussage inzwischen relativiert und sich dafür entschuldigt:
Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) hat jedes Wissen von möglichen Plänen Schillings bezüglich eines Parteiwechsels dementiert. Dem Portal ZackZack gegenüber "bestreitet Bundessprecher Tobias Schweiger eine Kenntnis darüber" und stellt klar: “Vonseiten der KPÖ kann ich das vollumfänglich verneinen, dass es solche Gespräche gegeben hätte. Das wäre völlig jenseitig, so etwas zu diskutieren und WählerInnentäuschung.” Schweigers Reaktion wirft eine andere bedeutende Frage auf: Sollte Lena Schilling ihre Übertrittspläne zur Europäischen Linken, zu der auch die KPÖ gehört, zwar mit mehreren guten Freunden "detailliert besprochen"; ihren damaligen Beziehungspartner, KPÖ-Bundessprecher Tobias Schweiger, darüber aber nicht informiert haben? Schwer vorstellbar: Immerhin wollte sie sich angeblich "seiner" Partei anschließen, und Schweiger hatte laut eigener Auskunft Kenntnis von anderen Vorwürfen und Verdachtsmomenten Schillings, die jetzt ebenfalls Bestandsteil ihrer Causa sind. (Beider Beziehung ist medien-öffentlich: u.a. die "Krone" und MSN berichteten: „Bin der Ex-Freund von Schilling, bin aber nicht der Urheber der Vorwürfe“)
In den sozialen Medien wird die Causa Schilling mittlerweile vermehrt mit dem Mittel der Satire betrachtet und Schillings "Muhaha" ist zum einem gängigen, viel genutzten Hashtag mutiert. So entstehen mitunter gar neue grüne Wahlplakate: https://x.com/StefanBeig/status/1793221089889329457
Anm. das rechte Bild ist eine Anspielung auf die Ibiza-Affäre der FPÖ, die 2019 die türkis-blaue Regierung beendete
DIE PRESSE wiederum sinniert in ihrer "Morgenglosse" über die wenigen Möglichkeiten, die den Grünen noch geblieben sind, die Affäre Schilling irgendwie zu meistern: Egal, ob die Partei nun weiterhin ihre Listenerste unterstützt oder nicht: Die Grünen haben in allen Szenarien ein Problem.
Denn, so DIE PRESSE: Unterstützen die Grünen weiterhin Schilling, laufen sie Gefahr, eine Person ins Parlament zu bringen, die dann zur politischen Konkurrenz übertritt. Sagen sich die Grünen nun von Schilling los, kann Schilling erst recht mit Verweis darauf, dass die Grünen sie ja nicht wollten, zur Linksfraktion wechseln. Es sei aktuell alles andere als gut um die Partei bestellt und sollten "die Querelen anhalten, könnte es passieren, dass die österreichischen Grünen bei der EU-Wahl nur ein Mandat schaffen. Das stünde dann Lena Schilling zu. Der Listenzweite, der arrivierte grüne EU-Mandatar Thomas Waitz, ginge leer aus. Starten die Grünen nun aber einen Vorzugsstimmenwahlkampf für Waitz, wäre das erst recht wieder das Eingeständnis, mit Schilling auf die falsche Währung gesetzt zu haben. ... Die Grünen sind in der Doppelmühle, aber sie haben sich ihre Spitzenkandidatin auch selbst ausgesucht".
Nachtrag 23. Mai 2024
"Was steht wirklich in den neuen Schilling-Chats? Wir haben sie im Kontext gelesen." lässt der Wiener Falter seine Leser wissen. Im "Falter.morgen - der Wien-Newsletter" veröffentlicht die Zeitschrift einige bislang aus dem Kontext gerissene Zitate im Zusammenhang, denn man frage sich doch: "Ist mit diesen wenigen bekannten Zitaten die ganze Geschichte erzählt? Oder wurden da ein paar Sätze aus dem Zusammenhang gerissen?" . Das liest sich dann u.a. wie folgt:
Wer auch den Verlauf der Nachrichten, die sich Schilling und Bohrn-Mena im Laufe des Dezember bis zum Bruch ihrer Freundschaft im Februar schrieben, vor und nach den inkriminierten Zitaten liest, bekommt ein differenziertes Bild. Da tauschen sich zwei Vertraute – beide political Animals – ausführlich über die Vor- und Nachteile des Gangs in eine Partei und damit ins Establishment aus.
... meint der FALTER. - Der Satz „Dann bin ich gewählt und die Grünen können nichts mehr machen muhahha“ wiederum fällt, ebenfalls laut FALTER, in einem "launigen Kontext":
Auch über Schillings "Muhaha"-Sager klärt das Wiener Magazin auf: "„Muhaha“ (oder, wie Schilling schreibt, „Muhahha“) steht in der Netzsprache übrigens für ein böses, schurkenhaftes Lachen und ist im Regelfall ironisch gemeint." Wobei die Ausnahme von der Regel selbige stets bestätigt Oder doch nicht?
Der FALTER beendet seinen Betrag mit folgenden Sätzen, die jedoch nahe legen, dass der Zeitung nicht alle Chats vorliegen dürften, das Resultat also keinesfalls endgültig sein kann: "Dass Schilling für die Grünen nur zum Schein antritt, dafür finden sich in dem seitenlangen Chat mit Bohrn-Mena überhaupt keine Hinweise. Im Gegenteil: „Ich fühle mich in der KPÖ einfach nicht wohl“, schreibt Schilling im November an Bohrn-Mena. Und später dann: „Ich hab irgendwie echt keine Lust mehr auf unseren Flohzirkus“ (womit sie die Aktivistinnen-Szene meint). ... Lieber ab nach Brüssel: „Endlich mal raus aus Österreich.“" Und den Zentralfriedhof tauschen gegen das Manneken Pis.
Darüber hinaus schlagen sich weitere Medien auf die Seite der grünen EU-Kandidatin. "Lena Schilling: Das ist inzwischen Rufmord" kommentiert (ausgerechnet das Boulevardblatt) die "Krone", und in der Hamburger ZEIT stellt der dortige Leiter des Ressort "Österreich-Seiten", Florian Gasser, scheinbar entsetzt fest: VERROHT - Die Debatte um die grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling ist außer Kontrolle geraten. Wie konnte das passieren?
Womit wir beinahe schon wieder bei der Fragestellung vom Beginn dieser Reportage angelangt wären: Wie weit dürfen (seriöse) Medien in ihrer Berichterstattung gehen? Wo ist bei einem Politiker die Trennlinie zwischen Privatleben und öffentlichem Interesse zu ziehen? Was darf (auch) zum Schutz eines Menschen verschwiegen und was muss (in jedem Fall) gesagt oder aufgedeckt werden? Ich fürchte, es gibt darauf keine leichte Antwort und schon gar nicht eine, die alle Betroffenen zufrieden stellt. Das Kind ist längst in den Brunnen gefallen. Ob eigen oder fremd verschuldet, darüber streiten nun, anstatt zu helfen, die selbsternannten medialen Experten. Kaum jemand hat noch etwas zu gewinnen, aber viele (zu) viel zu verlieren. Häufig enden solche Dispute tragisch.
Es darf daher als sicher angenommen werden. Dies ist keineswegs der letzte Nachtrag zum Thema.
Nachtrag 24. Mai 2024
Für heute bislang nur der Hinweis auf den "täglichen Nachrichten-Podcast der »Presse« WAS WICHTIG IST". Oliver Pink im Gespräch mit Christine Mayrhofer über Kommunikationsstrategien, private Chats und „dirty campaigning“. Thema: Die Grünen in der Krise: Geht sich das noch aus?
https://open.spotify.com/episode/0Kce6ImyoJnoQ5fFC6xkS1
Unbedingt hörenswert - eine gelungene, sachliche Analyse - die Causa Schilling und die grünen Befindlichkeiten auf den Punkt gebracht
auch verfügbar via: https://deezer.page.link/mXNJqsmqK6ZYH82d8
Nachtrag 25. Mai 2024
Anlässlich seiner jüngsten Umfrage zur Europawahl 2024 (für die TV-Sender ATV und Plus 24) erklärt Peter Hajek gegenüber Heute.at: Demoskopisch sei derzeit "nicht einzuschätzen, wie das weitergeht", so der Meinungsforscher. Die Krisenkommunikation der Ökopartei rund um die Causa Schilling sei jedenfalls "ausbaufähig", formuliert er freundlich. Denn mit dem Silberstein-Vergleich hätte sie sich eigentlich auf dieselbe Stufe der von ihnen kritisierten blauen und türkisen Mitbewerber gestellt, "die das immer wieder gesagt haben". Und in der Politik gehe es "immer wieder um Abgrenzung". Hajek taxiert die Grünen in seiner Umfrage derzeit auf 10 % (-4,1%)
Die heute veröffentliche Umfrage von Prediki auf X sieht die Öko-Partei bei nur noch 6,9 % - das entspräche einer Halbierung ihres 2019er Ergebnisses (-7,2) %. Die Wiener Wahlprognostiker merken dazu an, dass die Grünen vermutlich 2 ihrer 3 EU-Mandate verlieren und unter Umständen künftig ganz ohne parlamentarische Vertretung in Brüssel sein könnten, denn: "Auf Platz 1 steht Lena Schilling. Das #muhaha bekäme somit eine völlig neue Brizanz."
In der ORF-Sendung "Bei Budgen" des Moderators Patrick Budgen kritisiert der langjährige grüne EU-Abgeordnete Johannes Voggenhuber sowohl seine Partei als auch deren Spitzenkandidatin. Er attestiert "Schilling zwar "großes politisches Talent", sie sei aber "zu jung" für den verantwortungsvollen Posten im EU-Parlament. Es brauche "eine gewisse Lebenserfahrung" für "gewisse Dinge"". Ihr Fett weg bekommen auch die Grünen: Man habe Schilling weder ausreichend vorbereitet, noch die Kommunikation auf eine solche Krise vorbereitet. "Das Notwendige zu lernen, hätte man ihr schon zumuten können und hätte ihr gutgetan", so Voggenhuber, die Kommunikation der Partei sei "unangemessen" und wenn man eine junge Kandidatin aufstelle, "hat man die Aufgabe, eine solche Krise anders zu managen".
Das mögliche Wort der Woche in dieser Causa überlasse ich dem österreichischen Journalisten Richard Schmitt (bis Anfang 2024 Chefredakteur und Mitgesellschafter des Online-Boulevardmediums eXXpress):
Die Grünen verdunsten im politischen Klima, das sie selbst miterschaffen haben.
Meiner Einer entspannt derweil bei guter altertümlicher Musik, wie beispielsweise Fad Gadget’s „Collapsing New People“ aus dem Jahre 1984 . (mit den „New People“ waren damals u.a. auch die Grünen gemeint):
In den nächsten Wochen und Monaten finden u.a. folgende Wahlen und Abstimmungen statt – zu allen Terminen werden (voraussichtlich) Märkte aufgesetzt:
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1. Halbjahr
2. Halbjahr
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