The Electoral College (USA)

Beiträge 1 - 10 von 21
  • The Electoral College (USA)

    Mirascael, 15.11.2016 10:00
    #1

    Diverse User äusserten im Forum Ihr Unverständnis bzgl. des US-Wahlrechts (u. a. "Clinton hatte mehr Stimmen als Trump!!!111!!").

    Daher hier ein Link zu den Hintergründen des amerikanischen Wahlrechts (mit Bonus: Der Unterschied zwischen Republik und Demokratie wird dabei zusätzlich erklärt):

    https://geopoliticalfutures.com/the-electoral-college/

    Vielleicht schließt der verlinkte Artikel ja die eine oder andere Bildungslücke der hiesigen Wahlfieber-Deplorables ;)

    (für das US-Forum habe ich leider keine Schreibberechtigung)

  • RE: The Electoral College (USA)

    Jumi1974, 15.11.2016 12:13, Antwort auf #1
    #2

    Ob Demokratie oder Republik, unfair ist es allemal wenn (rein theoretisch) ein Stimmenanteil von 0,000001% ausreichen könnte einen Präsidenten zu wählen gegen den 99,999999% gestimmt haben (selbst wenn alle Electorals das wählen für das sie bestimmt sind)

  • RE: The Electoral College (USA)

    Wolli, 16.11.2016 14:32, Antwort auf #2
    #3

    Ob Demokratie oder Republik, unfair ist es allemal wenn (rein theoretisch) ein Stimmenanteil von 0,000001% ausreichen könnte einen Präsidenten zu wählen gegen den 99,999999% gestimmt haben (selbst wenn alle Electorals das wählen für das sie bestimmt sind)

    So krass ist es auch wieder nicht. Um eine Mehrheit an Wahlmännern zu bekommen, muß ein Kandidat grob gesprochen die Mehrheit der Wähler in der Mehrheit der Bundesstaaten überzeugen. Dafür braucht er, ganz grob, mehr als ein Viertel der Stimmen.

  • RE: The Electoral College (USA)

    drui (MdPB), 16.11.2016 15:01, Antwort auf #3
    #4

    Die Spielregeln sind für ale gleich.

    Dennoch ist es für einen amtierenden Präsidenten ein Nachteil, wenn er weniger demokratische Legitimation besitzt als andere - vor ihm gewählte - Präsidenten, indem er das popular vote verliert. Das war bei Bush 2000 so, als er insgesamt weniger Stimmen als Gore erhalten und nur mit dem Auszählungsstopp seines Bruders in Florida Präsident wurde.

    Trump hat nun weniger Stimmen als Clinton bekommen, und zwar nicht ein paar Tausend, sondern mehr als eine Million.

    Im US-Forum wurde und wird das alles besprochen, und dort wird auch die Frage diskutiert, ob so ein Wahlsystem noch zeitgemäß ist + Gerrymendering im Kongress (auch dort haben die Republikaner weniger Stimmen aber die deutliche Mehrheit gewonnen) + die Gleichbehandlung aller Staaten im Senat. So hat California mit 40 Millionen Einwohnern ebenso zwei Senatoren wie Delaware mit 900 000 Einwohnern, eine Stimme in Delaware ist somit 44 mal mehr wert als in California. Es ist ein fundamentales Prinzip der Demokratie, dass jede Stimme gleich viel zählt, und das ist in allen Kammern der USA plus bei der Präsidentschaftswahl nicht gegeben und die Ungleichheit wächst immer mehr an.

    Das hat übrigens auch der Favorit von Mirascael, Herr Trump, vor der Wahl kritisiert (the system is rigged, guys...)

  • RE: The Electoral College (USA)

    Wolli, 16.11.2016 16:34, Antwort auf #4
    #5

    Es ist ein fundamentales Prinzip der Demokratie, dass jede Stimme gleich viel zählt, und das ist in allen Kammern der USA plus bei der Präsidentschaftswahl nicht gegeben und die Ungleichheit wächst immer mehr an.

    Nirgends, wo es mehr als einen Wahlkreis gibt, zählt jede Stimme gleich viel.

    Auch bei den Wahlen zum Europaparlament stellt beispielsweie Deutschland 96 Abgeordnete, während Österreich 18 Abgeordnete stellt. Damit ist eine österreichische Stimme ungefähr doppelt so viel wert wie eine Deutsche. Wenn man statt mit Österreich mit Malta vergleicht, ist man schon bei 1:12.

    Bei vereinigten Staaten hat man halt immer das Problem, ob man jedem Staat oder jedem Bürger eine Stimme geben soll - oder irgend etwas dazwischen, wie in Europa.

  • RE: The Electoral College (USA)

    Wanli, 16.11.2016 18:20, Antwort auf #5
    #6

    Trump selbst hat es ja mal sehr schön gesagt - im Jahr 2012 allerdings:

    In a 2012 Twitter post, Trump called the Electoral College “a disaster for a democracy.”

    Fast forward to present day, and as Trump begins his transition of power, the businessman may now realize that without the Electoral College, he probably wouldn’t be the president-elect.

    Trump’s attitude toward the Electoral College appears to have shifted.

    On Tuesday morning, the president-elect tweeted, “The Electoral College is actually genius in that it brings all states, including the smaller ones, into play. Campaigning is much different!”

    http://www.cbsnews.com/news/donald-trump-calls-electoral-college-a-disaster-duri ng-2012-tweetstorm/

    Die von Dir genannte Quelle, Mirascael, mag übrigens auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein; Historiker vertreten ja auch die These, dass das Electoral College ein Kompromiss war, um den Südstaaten nach dem Unabhängigkeitskrieg die Zustimmung zur amerikanischen Verfassung zu erleichtern: Deren Sklaven konnten damals nicht wählen, wurden aber bei der Berechnung der Wahlmännerstimmen berücksichtigt, was dem Süden größeren politischen Einfluss sicherte.

    In a direct election system, the South would have lost every time because a huge percentage of its population was slaves, and slaves couldn't vote. But an Electoral College allows states to count slaves, albeit at a discount (the three-fifths clause), and that's what gave the South the inside track in presidential elections. And thus it's no surprise that eight of the first nine presidential races were won by a Virginian. (Virginia was the most populous state at the time, and had a massive slave population that boosted its electoral vote count.)

    Unter den Gründungsvätern wurde diese Frage wohl auch ganz offen diskutiert:

    At Philadelphia, the leading lawyer in America, James Wilson, proposed direct elections. Wilson was one of only six people to sign the Declaration of Independence and the Constitution. He wrote the words "We the people" in the document. He's one of the first five associate justices on the Supreme Court. And he was for a direct election.

    When he advocated this, James Madison's immediate response was: In principle, you're right, but the South won't go for it because they'll lose every time because they won't be able to count their slaves.

    http://www.vox.com/policy-and-politics/2016/11/12/13598316/donald-trump-electora l-college-slavery-akhil-reed-amar

  • RE: The Electoral College (USA)

    Wanli, 16.11.2016 20:26, Antwort auf #4
    #7

    Dennoch ist es für einen amtierenden Präsidenten ein Nachteil, wenn er weniger demokratische Legitimation besitzt als andere - vor ihm gewählte - Präsidenten, indem er das popular vote verliert.

    Ach, wenn es darauf angekommen wäre, hätte Trump einfach die meisten Stimmen geholt - sagt er selbst. Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss:

    If the election were based on total popular vote I would have campaigned in N.Y. Florida and California and won even bigger and more easily

    http://www.motherjones.com/politics/2016/11/donald-trump-popular-vote-twitter-el ection

  • RE: The Electoral College (USA)

    Jumi1974, 16.11.2016 22:42, Antwort auf #3
    #8

    "So krass ist es auch wieder nicht. Um eine Mehrheit an Wahlmännern zu bekommen, muß ein Kandidat grob gesprochen die Mehrheit der Wähler in der Mehrheit der Bundesstaaten überzeugen. Dafür braucht er, ganz grob, mehr als ein Viertel der Stimmen."

    Dachte ich zuerst auch. Meine Überlegung war, dass ein Kandidat in einer Menge von Staaten, die gerade etwas mehr als 50% der US-Bevölkerung ausmachen eine hauchdünne Mehrheit braucht und in den restlichen Staaten keine einzige Stimme mehr braucht. Das wären dann 50% von 50% und damit 25% was ein Kandidat für eine Wahlmänner-Mehrheit bräuchte.

    Das Problem ist aber schon einmal, dass die Wahlmänner nicht immer proportional zur Bevölkerung verteilt werden, wie die folgende Statistik zeigt. Hier gibt es sehr starke Unterschiede:

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/14/State_population_per_e lectoral_vote.png/220px-State_population_per_electoral_vote.png

    Aber das eigentliche Problem ist, dass die Anzahl der Wahlmänner schon VOR der Wahl festgelegt sind und unterschiedliche Wahlbeteiligungen nicht berücksichtigen.

    Beispiel: In folgenden Staaten geht genau einer zur Wahl und wählt den Kandidaten A: Illinois, Michigan, Kalifornien, Florida, New York, Ohio, Pennsylvania, Texas, North Carolina, New Jersey und Georgia. (zusammen 270 Wahlmänner)

    In diesen elf Staaten bekommt Kandidat A 11 Stimmen, Kandidat B 0 Stimmen.

    In den restlichen 40 Staaten holt Kandidat A bei extrem hoher Wahlbeteiligung keine einzige Stimme, dagegen bekommt Kandidat B zig Millionen von Stimmen.

    Kandidat A wird nun von den Wahlmännern mit 270:268 zum Präsidenten gewählt obwohl er Landesweit nur 11 Stimmen bekam, während sein Gegenkandidat über 100.000.000 Stimmen verbuchte und leer ausgeht.

    Es ist völlig klar, dass dieses Ereignis unwahrscheinlicher ist als dass ein Lottospieler sein ganzes Leben lang jede Woche einen 6er tippt, aber rein THEORETISCH ist es möglich und zeigt auf, dass es keine natürliche Untergrenze für einen Präsidenten im popular vote gibt..

    Edit: Da die obere Grafik extrem schlecht lesbar ist, hier noch eine andere Quelle:

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Electoral_College

    (und dann ganz weit nach unter scrollen :-)

  • RE: The Electoral College (USA)

    Wanli, 17.11.2016 00:18, Antwort auf #8
    #9

    Nun, die Diskrepanz zwischen Bevölkerungsstärke eines Staates und den Electoral Votes ergibt sich dadurch, dass letztere ja berechnet werden, indem man die Zahl der Housesitze (die ungefähr der Bevölkerung eines Staates entspricht) und die jeweils zwei Senatssitze zusammenzählt: Ein gutes Geschäft für einen Staat wie Wyoming, der nur einen einzigen Housewahlkreis aufweist, aber eben genauso zwei Senatoren stellt wie Kalifornien mit 53 Housewahlkreisen. Da die GOP mehr kleinere Staaten gewinnt, verschafft ihr das natürlich einen Vorteil.

    Deine Rechnungen zum Mehrheitswahlrecht und dessen Abweichung vom Ergebnis, das bei einer Anwendung des Verhältniswahlrechts zu erwarten wäre, sind natürlich an den Haaren herbeigezogen, aber grundsätzlich schon richtig - mein Lieblingsbeispiel ist da immer der Ausgang der britischen Unterhauswahl im Jahr 1983; einfach mal Wahlergebnisse und Parlamentssitze der drei größten Parteien vergleichen...

    https://en.wikipedia.org/wiki/United_Kingdom_general_election,_1983

  • RE: The Electoral College (USA)

    Sigmaalpha, 17.11.2016 00:33, Antwort auf #9
    #10

    Die USA bestehen halt aus eigenständigen Bundesstaaten, das kann man mit den deutschen Bundesländern nicht vergleichen. Um zu polemisieren: Das weiße Alabama will sich davor schützen, dass es irgendwann von den Nicht-Weißen aus Kalifornien

    über-trump-ft

    wird.

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